Freitag, 6. Oktober 2017

Music Day September 2017 - Burmester HiFi

Ein Beitrag von Rainer Götz

Es ist eine traurige Wahrheit: Auch Audiophile haben Vorurteile: „Röhren klingen per se besser“ und umgekehrt. „Vinyl ist prinzipiell immer besser als Digital“ - das geht natürlich auch andersrum. „Breitbänder eignen sich allenfalls für Streichquartette“ - und aktuell: „Burmester, das ist Designer-HiFi, das nicht klingen kann.“ Wie sagte schon Julius Cäsar: „Den Ahnungslosen schenkt der Herr einen leichten Schlaf.“

Erfreulicherweise ist Oliver Wittmann prinzipiell offen, was neue Technologien und verschiedene Wege zum „guten Klang“ angeht. Trotzdem war es eine Überraschung, als er zum Music Day im September einlud, um dort eine komplette Burmester-Anlage vorzustellen. Ja, das HiFi-Studio Wittmann ist ab sofort autorisierter Burmester-Händler. Leider hat es sich noch nicht so rumgesprochen: das aktuelle Burmester-HiFi hat mit dem „teutschen“, über-analytischen Sound der 80er und 90er Jahre nichts mehr gemein. Oliver Wittmann und Markus Nolden haben dies am 28. September 2017 beim Music Day eindrucksvoll demonstriert.

CD-Spieler war der Burmester 102 aus der Classic-Serie des Berliner Herstellers. Ein Frontlader mit direkt angetriebenem Laufwerk und aufwendigen analogen Ausgangsstufen. Die Signalverarbeitung erfolgt über eine Wandlersektion der neuesten Generation, die Upsampling-Raten können nach den persönlichen Präferenzen ausgewählt und das Klangbild so dem persönlichen Geschmack angepasst werden.

Beim Music Day wurden CDs über das Musiccenter 151 aus der Top-Linie von Burmester vorgeführt. Dieses Highend Multitalent erspart die mühsame Suche im CD-Regal und spielt binnen Sekunden ausgewählte Titel aus der Datenbank ab. Natürlich auch von USB-Sticks oder externen Datenspeichern. Ein eigens für den 151 konstruierter Linux-Rechner sorgt für Bedienungskomfort und guten Klang. Der gesamte Funktionsumfang ist mit einer übersichtlichen iPad App gesteuert.

Das Einlesen von CDs geht schnell und einfach: die zu rippende CD in den Schlitz in der Mitte des Gerätes einschieben. Der 151 liest dann sicher und bitgenau den Silberling ein und speichert diesen dann auf einem Datenträger ab. Internetradio und der Streamingdienst TIDAL sind vorinstalliert. Über TIDAL kann man so für runde 20 Euro im Monat auf Millionen von Musikdateien in CD-Qualität (!) zugreifen. Es ist immer wieder erstaunlich, welche Titel man hier findet …

Das Gerät gibt sowohl einen fixen wie auch einen variablen Ausgangspegel aus, kann also über den variablen Ausgang direkt eine Endstufe oder auch Aktivlautsprecher betreiben.

Noch besser als beim direkten Anschluss an Endstufen oder Aktivboxen klingt es freilich über den Burmester-Vollverstärker 032 aus der Classic Line. Optisch fallen zunächst die Kühlkörper im typischen Burmester-Design auf. Auf der Frontseite findet sich neben diesen charakteristischen Kühlkörpern auch das verchromte, aus massivem Messing gefräste Bedienelement. Dieses umschließt die Displayplatine und schirmt sie wirkungsvoll gegen jegliche Abstrahlung unerwünschter Störungen auf die audiosignalführenden Teile des Verstärkers ab.

Der 032 wiegt 28 kg und verfügt wie alle Burmester-Geräte über asymmetrische und echte symmetrische Ein- und Ausgänge. An eine 4 Ohm-Last stehen 170 Watt pro Kanal zur Verfügung. Mehr als ausreichend, um so gut wie jeden Lautsprecher optimal anzutreiben. Eine Tape-Monitor-Schleife mit Record-out-Ausgang wird auch Bandgerätebesitzer erfreuen.

Damit das alles optimal zusammenspielt, standen die Burmester-Lautsprecher vom Typ BA 31 zur Verfügung. Eine der Besonderheiten dieses 41 kg pro Stück schweren Standlautsprechers ist der rückseitig montierte, in der Lautstärke anpassbare Air-Motion-Hochtöner, weshalb Burmester den BA 31 auch als „Ambience Speaker“ bezeichnet. Zwei 17-cm-Tief-/Mitteltöner mit glasfaserverstärkter Papiermembran sorgen für ausreichend „Tiefgang“. Für den Hochtonbereich steht auch auf der Frontseite ein baugleicher Air-Motion-Transformer wie auf der Rückwand bereit.

Nicht vergessen werden soll ein weiterer Zuspieler, das Plattenlaufwerk Innovation von Clearaudio. Eine ausführliche Beschreibung hierzu finden Sie hier: http://www.wittmann-hifi.de/hifi/audio/clearaudio.htm.

Soviel zur Technik. Nun aber zum Wichtigsten, dem Klang. Als Referenz vor dem verstorbenen Gründer des Magazins Playboy, Hugh Hefner, lief eine Aufnahme des Crooners Mel Tormé, die dieser gemeinsam mit der legendären Ray Anthony Big Band live beim Playboy Jazz Festival in der Hollywood Bowl aufgenommen hat. Tormés Tribut an den „King of Swing“ Benny Goodman überzeugte, trotz der gewöhnungsbedürftigen Aufnahmetechnik. Die CD klingt leider recht spitz und etwas aggressiv, macht musikalisch aber ungeheuer Spaß. Über eine „analytische“ Anlage alten Schlages abgespielt ist sie allerdings kaum anhörbar, so sehr schmettern die Trompeten und malträtieren das Trommelfell des Zuhörers. Nicht so über die Burmester-Anlage. Sogar der samtene Nebelschleier in der Stimme des auch „Velvet Fog“ genannten Entertainers kam rüber.

Dann harter Schnitt: Free Jazz mit Alexander von Schlippenbach, der Theolonius Monks „Round Midnight“ interpretierte. Piano, Bass und Schlagzeug standen präzise im Raum. Erstaunlich, wie tief der Lautsprecher „runter ging“ und die Bühne abgebildet wurde. Der Ambience-Hochtöner, den Oliver Wittmann vor Beginn der Vorführung penibel an den Raum angepasst hat, spielte seine Stärken aus.

Klassik mit der BBC Philharmonie und dem „Grand choeur dialogue“ von Eugene Gigout. Einem massiven Werk für große Orgel und Sinfonieorchester. Auflösung, räumliche Abbildung und Tieftonwiedergabe, alles vom Feinsten. Selbiges gilt auch für die Piano-Transkription von Igor Stravinskys Feuervogel mit dem russischen Pianisten Alexandre Kantorow auf einem großen Yamaha-Flügel. Das Instrument stand in den richtigen Dimensionen auf der imaginären Bühne. Ähnliche Erfahrung für „Facing you“, der ersten Platte, die Keith Jarrett 1972 in Oslo für das Label ECM aufnahm. Damals schon mit Jan Erik Kongshaug am Mischpult und Manfred Eicher als Produzent.

Oliver Wittmann brachte dann den Clearaudio Innovation ins Spiel und legte eine Besonderheit auf: Eine Direktschnittplatte mit 45 rpm und der Sängerin Anne Brisson. Klassisches Pianotrio mit Gesang, live aufgezeichnet direct-to-disc in dem Club „Bernie’s“ (das Schneidestudio von Bernie Grundman). Überwältigende Dynamik. Plastische Abbildung. Spaß pur.

Der ehemalige Ellington Saxofonist Harold Ashby im intimen Quartett mit John Hicks am Piano, Ex-Ella-Fitzgerald-Begleiter Keter Betts am Bass und Jimmy Cobb am Schlagzeug. Musik für die Seele … Dasselbe kann von den großartigen, seinerzeit von Oscar Peterson entdeckten, Singers Unlimited gesagt werden. Immer noch beeindruckend, wie diese vier Stimmen „Fool on the Hill“ von Lennon/McCartney interpretieren. Ebenso hat dies natürlich auch für Ibrahim Ferrer aus Kuba, Ex-Mitglied der Musiklegende „Buena Vista Social Club“ Gültigkeit, der als nächstes Beispiel die Zuhörer beeindruckte.

Die Burmester-Anlage war schlicht und einfach in der Lage, jegliche Art von Musik auf bestmögliche Art wiederzugeben. Die Technik trat in den Hintergrund und wurde, ob der swingenden oder emotionalen Musik, die aus den beiden BA 31 drang, völlig verdrängt. Ich denke, die meisten Zuhörer hätten bei einer Blind-Vorführung nie und nimmer geglaubt, dass eine Highend-Anlage „handmade“ bei Burmester aus Berlin-Charlottenburg läuft. Das muss man einfach selbst gehört haben. Oliver Wittmann und Markus Nolden demonstrieren nach Terminabsprache gerne, welche Preziosen das aktuelle Burmester-Lieferprogramm umfasst.

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