Ein Beitrag von Rainer Götz
Jeder Audiophile kennt die Vorurteile gegenüber Hornlautsprechern. Zu groß, hässlich, verfärbend, klingen nach Blechdose, nur laut usw. Einige dieser Einschätzungen bestehen zugegebenermaßen auch immer noch zurecht.
Oliver Wittmann war im Rahmen seines Music Day am 28. April 2016 angetreten, gegen diese Vorurteile anzukämpfen, und stellte eine auf den ersten Blick vielleicht überraschende Kombination vor. Zu den Hörnern von Avantgarde Acoustic - er hat den zweitkleinsten Lautsprecher, die Uno XD ausgewählt - kam als Verstärker ein relativ günstiger Röhrenvollverstärker von Octave Audio aus dem badischen Karlsbad hinzu.
Der Octave Audio V 40 SE, bestückt mit vier Endröhren des Typs 6550 und für 4.100,- Euro in der Preisliste stehend, ist ein klassischer Vollverstärker mit 2 x 40 Watt Sinusleistung an einer 4 Ohm-Last. Das Gerät ist, wie es der Markt heute wünscht, fernbedienbar und in schwarz und silber lieferbar. Optisch hebt er sich von dem „Dampfmaschinen-Design“ vieler Röhrenverstärker wohltuend ab.
Als Besonderheit kann der Verstärker nicht nur mit den 6550 Röhren, wie bei Oliver Wittmann vorgeführt, betrieben werden. Von EL 34 und 6L6 über KT 88, KT 90 bis zur KT 100 lassen sich unterschiedliche Röhrensätze einsetzen. Freaks wissen, dass jede dieser Röhren einen eigenen Klangcharakter hat.
Die Umrüstung ist sehr einfach, da der Entwickler Andreas Hofmann das Einmessen der Röhren und die Ruhestromeinstellung genial vereinfacht hat. An der Stirnseite wird mit einem mitgelieferten Schraubendreher der Ruhestrom eingestellt und wie bei einer Ampel mit rot, gelb und grün angezeigt. Sehr spannend ist der klangliche Unterschied von verschiedenen Ruhestromeinstellungen.
Oliver Wittmann empfiehlt für die 6550 im V40 SE eine Einstellung, bei der neben den grünen LEDs auch die rote LED-Reihe aufleuchtet. Er hat dies am vergangenen Donnerstag gegenüber der „Grundeinstellung“, mit dem Aufleuchten nur der grünen LED-Kette, eindrucksvoll demonstriert: Das Klangbild war etwas frischer und lebendiger, während die „nur grüne“ Einstellung relaxter und zurückgenommener klang (also mehr dem BBC-Klangideal etwa einer Harbeth oder Rogers LS 3/5 folgend).
Oliver Wittmann empfiehlt für die 6550 im V40 SE eine Einstellung, bei der neben den grünen LEDs auch die rote LED-Reihe aufleuchtet. Er hat dies am vergangenen Donnerstag gegenüber der „Grundeinstellung“, mit dem Aufleuchten nur der grünen LED-Kette, eindrucksvoll demonstriert: Das Klangbild war etwas frischer und lebendiger, während die „nur grüne“ Einstellung relaxter und zurückgenommener klang (also mehr dem BBC-Klangideal etwa einer Harbeth oder Rogers LS 3/5 folgend).
Hofmann stresst seine Röhren auch nicht mit Betriebsspannungen von über 400 Volt, sondern fährt die 6550 mit runden 200 Volt, was sich natürlich positiv auf die Lebensdauer der Röhren auswirkt. Ausgefeilte Schutzschaltungen sorgen außerdem dafür, dass bei einem Röhrendefekt der Verstärker zuverlässig abschaltet. Rotglühende Röhren und daraus resultierende Schäden gehören damit bei Octave der Vergangenheit hat. Octave Audio setzt dabei auf den Einsatz von ICs und hat auch gegenüber Transistoren keine Berührungsängste, solange dies der Betriebssicherheit dient und den Klang nicht beeinträchtigt.
Bei der Avantgarde Acoustic Uno XD handelt es sich um einen klassischen Drei-Wege-Lautsprecher mit aktivem Bass. Ihr Herzstück ist ein 500 mm großes sphärisches Mitteltonhorn. Angetrieben über einen 5 Zoll M1-OMEGA Treiber wird ein in ihrer Klasse bemerkenswert breitbandiger Frequenzbereich bis hinab zu 300 Hz übertragen. Oberhalb von 3 KHz arbeitet der 1 Zoll Hochtöner H1-OMEGA mit einem 130 mm sphärischen Kugelwellenhorn.
Der SUB225 XD Subwoofer sorgt für eine eindrucksvolle Tiefbass-Reproduktion. Als Antrieb dienen zwei 10 Zoll Treiber mit großem linearen Hub, schier endlose Kraft wird durch das XD-1000 Verstärkermodul generiert, dessen optimierte 1000 Watt Class-D Endstufe (!!!) enorme Energiereserven bereithält.
Eingestellt wird die Uno XD auf den Raum und den angeschlossenen Verstärker mit einer durchdachten 3-Knopf Bedienung auf der Rückseite, die auch einen 10-bandigen parametrischen Equalizer, der den Bassbereich präzise an die Raumakustik anpasst, umfasst. Und all diese Möglichkeiten sind sogar über eine kostenlose Software einstellbar.
Soviel zur Technik. Nun die spannende Frage: Wie klingt es? Als Signalquellen standen Analog ein Linn Akurate LP 12 mit Linn Krystal MC-System sowie ein Creek CD-Spieler und ein Streamer aus dem Hause Linn zur Verfügung. Über letzteren wurden im Laufe der Veranstaltung zwei Rock-Titel über den Streamingdienst TIDAL in CD-Auflösung aus dem Netz gezogen. Fazit hierzu: Tatsächlich CD-Niveau ohne Datenreduktion. Unbedingt zu empfehlen. Es gibt ja schon eine Menge Geräte, die ein Streaming z.B. von TIDAL ermöglichen (Linn, Naim und Lindemann, um nur mal drei Hersteller zu nennen).
Doch zurück zu der Kombination V 40 SE und Uno XD: Erster Eindruck war die überwältigende Dynamik, die freigesetzt wurde. Es lief eine Bigband-Aufnahme des Detroit Jazzfestival aus dem Jahr 2015 mit der Mac Avenue Superband. Die Trompeten zeigten hier, welche Kraft in ihnen steckt, und der Saxofonsatz ließ einen die Urgewalt des Bigband-Sounds auch körperlich spüren.
Klassik, bei vielen Hornlautsprechern die „Achilles-Ferse“, kam auch beeindruckend und unverfälscht über die Uno XD rüber. Klassische Filmmusik von Franz Waxmann aus „Bride of Frankenstein“, einem Horrormovie von 1935, löste die erwünschten Emotionen aus und erinnerte in weiten Teilen an Kompositionen von Gustav Mahler und natürlich Richard Wagner. Die Aufnahme riss einen richtiggehend mit.
Dann Wechsel zur Orgel. Eine norwegische Aufnahme (offenbar wieder ein Soundtrack zu einem Film) des Edellabels 2L mit dem Titel „Orgelmusikken Fra Deusynlige“. Erster Titel ist überraschend eine Adaption von „Bridge over Troubled Water“. Die Kraft, mit der die Orgel im Raum stand und die Urgewalt der Pfeifen. Alle Achtung, solches hört man nicht alle Tage.
Auch Vinyl, in diesem Fall eine 45er-Pressung von Mare Nostrum 2, der neuen ACT-Aufnahme des Trios Paolo Fresu, Richard Galliano und Jan Lundgren. Da klang nichts hart nach Horn, im Gegenteil das Saxofon kam mächtig aber nie aggressiv rüber, aber auch nicht „smooth“ oder gar „versumpft“. Die Kombination Octave Audio und Avantgarde Acoustic funktioniert also hervorragend.
Eine Vinylplatte mit Beethovens 3. Sinfonie zeigte auch, dass die Uno XD eine Lupe sein kann, die nicht-optimale Aufnahmen gnadenlos erkennt. In diesem Fall, einer bekannten Einspielung, merkte man meines Erachtens dem Mitschnitt doch das Alter an. Es klang etwas dünn und kraftlos. Was aber eigentlich für diese Kombination aus V 40SE und Uno XD spricht!
Fazit: Sicherlich keine Kombination für alle und jeden. Dem steht auch der Listenpreis von EUR 21.900,- für die Uno XD entgegen. Wer in dieser Klasse nach einem Lautsprecher Ausschau hält, sollte diese Kombination ins Auge fassen. Davon, dass der Lautsprecher das fünffache des Verstärkers kostet, bitte nicht abschrecken lassen. Der Octave V 40 SE ist tatsächlich so gut (und spielt natürlich auch an kleineren Ketten ganz hervorragend und betriebssicher).
Wer jetzt Interesse hat: einfach einen Termin vereinbaren. Die Uno XD kann in Stuttgart, die Duo XD und demnächst auch die neue Trio XD im Allgäu angehört werden. Natürlich auch das Octave Audio Gesamtprogramm.
Der nächste Music Day im Mai findet wegen des Feiertags am 26.5. dieses Mal an einem Freitag statt, am 27. Mai 2016. Wie üblich von 16:00 h bis 20:00 h. Wir sehen uns…
Weitere Infos gibt es hier:
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