Freitag, 17. Mai 2019

Splitter von der High End Messe 2019

Ein Bericht von Rainer Götz

Wieder mal war Showtime für die High End-Branche und fast alle der renommierten Anbieter folgten auch 2019 dem Ruf nach München. Die High End ist die wohl wichtigste internationale Branchenmesse.

Wer sich ausführlich informieren möchte, dem seien die einschlägigen Magazine und deren Websites ans Herz gelegt. Hier nur einige wenige kurze Streiflichter.

Harbeth führte entspannt die großen Monitor 40.2 vor. Bei Gauder Akustik war die große DARC 250 an Röhrenelektronik zu hören. Eine gut moderierte Vorführung durch einen der Marke verbundenen Toningenieur. Überhaupt die Demonstrationen. Vielfach lieblos einfach TIDAL angeklickt oder es lief – ohne jede Erläuterung, was oder wer spielt – eine vorbereitete Playlist lustlos ab.

Bei Avantgarde Acoustic spielte es wieder laut, sogar sehr laut, und in einem akustisch ungünstigen Raum. Schade, eine Demonstration weit unter Wert. Eine sichere Bank für guten Klang war wieder Verity Audio aus Kanada, vom deutschen Importeur Jan Sieveking unterhaltsam präsentiert. Solche Vorführungen wünscht man sich mehr.

Frank Kuzma zeigte in einer statischen Demonstration ein neues Laufwerk, das bis zu vier Tonarme aufnehmen kann. Bei Brinkmann war es ständig überfüllt, was sowohl für die Qualität der Produkte wie der Vorführung spricht. Auch bei Kii war ständig „full house“ und es rockte und swingte, dass es eine Freude war.

T+A stellte das Muster für einen Prototypen der kommenden Kopfhörerserie vor. Sogar ein echter Elektrostat soll der Konkurrenz aus Fernost das Fürchten lehren. Clearaudio setzte – ebenso wie übrigens auch Burmester – seinen Messeauftritt 2019 aus. Dennoch waren die Plattenspieler aus Erlangen in diversen Demonstrationen vertreten. Man muss genau hinsehen: Auf einem Stand erblickte ich Laufwerke, die auf den ersten Blick wie von Clearaudio aussahen. Tatsächlich hat sich hier ein chinesischer Anbieter wohl zu sehr „inspirieren“ lassen und unverfroren „abgekupfert“.

Kommen wir zu den Highlights, für die sich die Reise nach München gelohnt hat: Bei Octave Audio wurde als Ergänzung der Jubilee-Serie eine Mono-Endstufe, bestückt mit drei der legendären 300B-Röhren vorgestellt, die problemlos mit einer Leistung von 30-Röhren-Watt ein Paar Focal Utopia antrieb. Der Klang hatte alles, was 300B-Entusiasten so sehr an dieser Röhre schätzen. Also eine ganz besondere, musikalische Präsentation die z.B. dem „Ramblin‘ Boy“ aus dem Weavers Reunionkonzert von 1963 eine unglaublich plastische und exquisite Ausstrahlung gab. Das Ganze – Octave Audio typisch – ohne das leider von vielen 300B-Verstärkern sonst bekannte Knistern und Brummen. Harald Hoffmann hat offensichtlich wieder mal einen Klassiker geschaffen.

Nach dem Tod von Alastair Robertson-Aikman hat SME nun einen neuen, sehr engagierten indischen Besitzer, der mit großem Elan – u.a. mit dem neuen Komplettlaufwerk Synergy – das Programm erweitert und vorantreibt. Auf der Messe wurde erstmals zudem eine Neuauflage des legendären und weltweit gesuchten Garrard 301-Laufwerk gezeigt. Passend in einer Holzzarge und mit dem 12-Zoll-Tonarm SME 3012. Die Vorführung äußerst britisch relaxed und stimmig. Der 301 zeigte die bekannten Reibrad-Besonderheiten wie erstaunliche Schnelligkeit und bemerkenswerte Dynamik. Eine willkommene Neuauflage eines Klassikers und Maßstab für die nächsten Generationen.

YG Acoustic Lautsprecher liefen an zumindest drei Vorführungen auf der High End. Die Hailey 2.2, angesteuert mit der Nagra Classic Serie und Thales Laufwerken bzw. -Tonarmen und mit EMT-Systemen bestückt, brillierte in einem Raum. Etwas störend war hier nur, dass der Vorführraum gleichzeitig für Besprechungen genutzt wurde. In den Besprechungspausen spielte die Hailey 2.2 ebenso überzeugend auf, wie seinerzeit bei der Demonstration bei Oliver Wittmann im April 2019.

Bei Nordost diente ebenfalls ein Paar Hailey dazu, die Unterschiede der dort präsentierten Zubehörteile herauszuarbeiten. Die YG Hailey 2.2 sind die ideale akustische Lupe dafür. Auch abseits des Workshops war klar: Ein absoluter Toplautsprecher.

Bei Nagra wurde schließlich eine absolute cost-no-object-Anlage vorgestellt. Die komplette HD-Serie mit vier der Referenz Mono-Endstufen für die getrennte Ansteuerung von Bass und Mittelhochtonbereich. Für Vinylplatten agierte eine SME 30 Laufwerk/Tonarm-Kombi. Das Nagra CD-Laufwerk und eine Nagra IV-S Bandmaschine, adaptiert für 10,5-Zoll-Spulen, waren die weiteren Quellengeräte. Als Lautsprechersystem spielte die YG Sonja XV, die aus einem Mittel/Hochton-Turm und einem Bassturm besteht. Zusätzlich wurden noch der YG Acoustic Subwoofer Invincible 21.2 integriert. Die Vorführung beeindruckte mit ihrer Natürlichkeit und dem Realismus der gespielten Musik. Gerade sind in Russland Masterbandkopien u.a. von Luciano Pavarroti erschienen. Als sich diese auf der Nagra-Bandmaschine auf den Spulen drehte, hatte man tatsächlich den Eindruck, als wäre der große, 2007 verstorbene Tenor wieder zum Leben erweckt worden. Nessun Dorma aus Puccinis Oper Turandot stand plastisch und klar „livehaftig“ im Raum. Ein Erlebnis, das einem den Atem stocken liess. Ich bin mir sicher, dies war, wenn nicht die beste, so doch mindestens die überzeugendste Vorführung der ganzen High End 2019.

Um ein Fazit zu ziehen: Ja, die Reise nach München machte Spaß. Ob man angesichts der Masse an Aussteller mehrere Tage im MOC verbringt oder nur einen Tag, das sei dahingestellt. Wer in Ruhe hören will, dem empfehle ich nachdrücklich der Weg zu einem qualifizierten Fachhändler wie Oliver Wittmann. Zudem gibt es dort auch noch einen sehr empfehlenswerten Kaffee bzw. Espresso zur Musik.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen