Ein Beitrag von Rainer Götz
Als regelmäßiger Besucher der beiden, eigentlich nicht direkt miteinander vergleichbaren Messen hat man häufig ein Déjà-vu-Erlebnis. Sowohl was die Aussteller wie auch (leider) was die Musikvorführungen angeht. Trotzdem: Mai ist Messezeit, also auf nach München. Zunächst war die HiFiDeluxe angesagt. Dort geht man das Thema deutlich ruhiger und relaxter an als im MOC. Dafür sorgt alleine schon als Messeorganisator das Röhren-Urgestein Dieter Mallach.
Wie üblich gehe ich – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – nur auf Aussteller ein, mit denen Oliver Wittmann verbandelt ist. Wer sich einen vollständigen Überblick verschaffen will, dem seien die Internet-Auftritte der Audio-Presse ans Herz gelegt.
Erster Stopp waren die Räume des TAD-Vertriebs, die mit ihrem vielfältigen Produktprogramm im MOC keine ausreichenden Präsentationsmöglichkeiten mehr gefunden haben. Die preisgünstige Rega-Elektronik spielte richtig gut – vor allem in Verbindung mit den Rega-Laufwerken wie dem bewährten Planar 3.
Giavanni Nastas Opera Lautsprecher spielten in der Kombination mit den Röhrenverstärkern von Unison Research aus dem gleichen Hause ganz hervorragend und sahen auch noch – typisch italienisch eben - klasse aus. Der Max-2 ist es wert, sich näher mit ihm zu beschäftigen.
In gewohnter Schönheit und mit gewohntem Wohlklang präsentierte sich die Röhrenelektronik von Jadis aus Frankreich. Lautsprecher und Verkabelung inkl. der Trenntrafos und des Stromverteilers natürlich Audioplan. Bei den Analog-Vorführungen konnten die ZYX-MC-Systeme ihre Stärken ausspielen. Oliver Wittmann weiß schon, weshalb er u.a. auf Zyx-Systeme und die Audioplan „Keksbox“ setzt …
Eines der Messe-Highlights war ganz sicher die Kii Three mit dem ganz neuen Ergänzungsmodul BXT. Auch die digitale Steuerzentrale Kii Control ist jetzt lieferbar und war in der Vorführung. Wow! Muss man einfach gehört haben. Oliver Wittmann wird die Kii-Pretiosen im Rahmen seines monatlichen Music Day am 28. Juni 2018 ab 16:00 Uhr präsentieren. Unbedingt anhören und sich selbst ein Urteil bilden. Die Kii-Lautsprecher sind, wie es auf deren Website heißt, in der Tat ein „Category Killer“. Da muss sich mancher schrankgroße Lautsprecher mächtig ins Zeug legen …
Am kommenden Tag dann auf zum MOC zur High End 2018. Natürlich zuerst einen Abstecher zu Oliver Wittmann und Markus Nolden, die sich mit ihren Vertriebsprodukten Okki Nokki, AFI flat und Tom Evans dem Messetrubel stellten.
Souverän beantwortete der AFI-Endwickler Dr. Ulrich Kathe am Stand Fragen zum Plattenbügler und „Temperer“. Auch eine neue, das bisherige Programm ergänzende Plattenwaschmaschine von Okki Nokki war nicht nur zu bewundern, sondern auch live in Aktion zu sehen.
Gewaltig und gigantisch. Diese beiden Begriffe fallen einem angesichts der schieren Optik der Avantgarde Acoustic Trio mit seinen sechs Basshörnern ein. Das Schöne: die Trio geht nicht nur laut, sondern konnte auch bei Kammermusik oder Singer/Songwritern punkten. Aber man sollte einmal im Leben die Bach’sche Toccata und Fuge über dieses System gehört haben! Oder Bigband-Jazz in Originallautstärke. Ein Erlebnis!
Beim Vertrieb von AMG zeigten die beiden Laufwerke Viella und Giro ihre Qualitäten. Die Elektronik stammte von Aesterix. Auf den AMG-Tonarmen waren die Tonabnehmer von DS-Audio montiert, die das abgetastete Signal ja blitzschnell mittels Licht übertragen. Wie im Vorjahr war eine ProAc Response D48 erste Wahl, als es darum ging einen passenden Lautsprecher für diese Topanlage zu finden. ProAc ist immer noch ein Geheimtipp unter den bezahlbaren Lautsprecherboxen! Oliver Wittmann hat sich vorgenommen, dies im süddeutschen Raum zu ändern. Watch this space!
Ebenfalls zu sehen: die aktuellen Plattenspieler von MoFi Elektronics, also den StudioDec und das UltraDec. Beide haben im Studio von Oliver Wittmann bereits ihre Qualitäten bewiesen – auch im Vergleich zu bekannten Referenzen.
Ein heißer Anwärter auf den Titel „Best Sound of the Show“ war die Präsentation von Nagra aus der Schweiz. Die neuen „Überflieger“ Highend Vor- und Endstufen aus der HD-Serie spielten auf allerhöchstem klanglichen Niveau, von der Verarbeitung gar nicht zu sprechen. Schweizer Uhrmachertradition eben. Das hat natürlich seinen Preis, aber eine Mercedes S-Klasse S 500 klingt eben doch bei weitem nicht so emotional überwältigend wie die gespielte Nagra-HD-Kombi …
Eine sichere Bank für eine musikalisch gelungene Vorführung ist immer der Raum von Input Audio. Martina Schöner von Loricraft sorgte hier bei unserem Besuch für ein abwechslungsreiches Programm, das wie erwartet nicht aus den üblichen audiophilen Vorführplatten bestand. Als Lautsprecher kamen die Harbeth Monitore 40.2 zu Einsatz, die Verstärkung übernahm ein Receiver von Magnum Dynalab, CDs wurden über Creek abgespielt, Platten natürlich über den Loricraft/Garrard 501. Insgesamt eine sehr „relaxte“ Kette im typisch britischen Klangbild, der man lange zuhören kann. Für echte Genießer!
Die von mir hochgeschätzten Quad Elektrostaten ESL 2912 (Oliver Wittmann hat mir ein Paar Anfang des Jahres verkauft) wurden auf der diesjährigen High End in Verbindung mit Luxman-Elektronik vorgeführt. Leider mit äußerst fragwürdigem Material, irgendwelchem New-Age-Gesäusel ohne Tiefgang. Hier hätte man sich, um die Fähigkeiten dieses im Verhältnis zu seinem Klang sehr günstigen Lautsprechers beurteilen zu können, Klassik oder Chormusik gewünscht.
Focal hat sich nicht weniger als eine Frischzellenkur für die Spitze seines Lautsprecherprogramms vorgenommen: die Grande Utopia EM Evo und die Stella Utopia EM Evo. In bezahlbareren Regionen ist die Kanta No.2 angesiedelt, die in Kombination mit Naim Audio richtig gut spielte.
Naim Audio stellte die angekündigten neuen Streamer/Server ND 2 und das Top-Modell ND 555 vor. Beide übrigens Roon-fähig! Vier Jahre dauerte im Hause Naim die Entwicklung einer neuen System-Plattform und der dazugehörigen Software. Die überzeugenden Uniti-Komponenten waren hier die Vorläufer und wurden ja bereits von der Fachpresse ausgiebig national und international hochgelobt.
Spaß machte die vorgestellte Lindemann-Kette mit Komponenten aus der Musicbook-Serie und Phonostufe und Streamer aus der neu vorgestellten Limetree-Serie des bayerischen Herstellers. Eine dicke Empfehlung!
Auf höchstem Level – wie immer – die Brinkmann-Komponenten. Hier auf den Racks bzw. Plattformen von HRS platziert. Muss man selbst unbedingt gehört haben! Fünf Neuheiten wurden vorgestellt: Jubiläums-Versionen der Plattenspieler-Laufwerke „Balance“ und „Oasis“ sowie MK-II-Versionen des Streaming-D/A-Wandlers „Nyquist“ und des Vorverstärkers „Marconi“ sowie des Phono-Vorverstärkers „Edison“. Die Geräte aus den bisherigen Serien sind updatefähig und behalten so ihren Wert.
Von T+A gibt es 2018 zur High End zwei Neuheiten. Zum einen in der HV-Topserie den Nachfolger der M 10 Hybrid-Röhren-Endstufe und – in einer anderen Klasse – ein neuer und durchaus bezahlbarer Lautsprecher aus der testbewährten Criterion-Serie. Die Vorführung – auch wenn die beiden Neuheiten in zwei völlig unterschiedlichen Preisklassen angesiedelt sind – war vielversprechend. Es wäre interessant, die neue Mono-Endstufe in Kombination mit einem Top-Lautsprecher wie der T+A Solitaire CWT-1000-8 SE zu hören (oder den Citerion-Lautsprecher mit den günstigen R-Geräten oder der 8er-Serie). Demnächst sicher bei Wittmann-HiFi!
Bei Octave Audio wurden die hervorragenden Octave V 16 Single-Ended-Kopfhörerverstärker in Kombination u.a. mit dem Focal Utopia Kopfhörer gespielt. In der Hauptanlage lief ein Universalspieler von Marantz in Verbindung mit der klassischen Vor-Endkombination HP 700 und MRE 220. Wie zu erwarten klasse Klang und eine solide, stabile Verarbeitung. Badische Manufakturarbeit, dessen Qualität sogar Schwaben anerkennen, was etwas heißen will …
Clearaudio präsentierte zum 40-jährigen Bestehen der Marke einen gut aufbereiteten Rückblick mit Produkt-Meilensteinen der vergangenen vier Jahrzehnte. Von den ersten Lautsprechern (sic!) über die bahnbrechenden Tonabnehmer, Tonarme und Laufwerke der Marke. Natürlich wurde auch das aktuelle Programm präsentiert, bis hin zu den absoluten Toplaufwerken mit VK-Preisen über 100.000.- Euro.
Mut zur Farbe zeigte Sugden Audio an seinem Stand mit einer statischen Präsentation. Sieht in blau eigentlich gar nicht schlecht aus, die Vor-/Endstufenkombination FBA-800/DAP-800 im „floating bridge“ Design und 4 x 20 Watt reiner Class-A-Leistung bei vollsymmetrischem Schaltungsaufbau.
Sieveking Sound stellte, wie schon bei den Norddeutschen HiFi-Tagen, den Verity Audio Otello als Nachfolger der bekannten Leonore vor. Klang wieder richtig gut. Dynamisch, offen und mit allen Arten von Musik äußerst angenehm schmeichelnd.
Frank Kuzma stellte auf seinem Stand u.a. das beeindruckende Laufwerk Stabi M vor, von dem Wolfgang Kemper im Internet-Magazin HiFistatement begeistert schrieb „Dieser Kuzma ist wieder einmal etwas ganz besonderes. Sinnvolle Features, Ideen, auf die andere nicht zu kommen scheinen, wie die Start-Stop Fernbedienung und eine besondere Haube sind vielleicht Nebensächlichkeiten. Seine Klangeigenschaften jedoch machen den Stabi M zum Tor in den musikalischen Himmel“. Damit ist wohl alles gesagt.
Bei Burmester regierte auf der High End 2018 der Gigantismus: Die Mono-Endstufe 159 mit einer Sinusleistung von 2000 Watt (!) und das Topmodell der aktuellen Lautsprecherserie, der BC 350, mit einem Gewicht von 420 kg pro Kanal! Auch das Plattenlaufwerk 175 geht jetzt in Klein-Serie. Angekündigt als ein lebenslang wartungsfreies Laufwerk, bei dem alleine der Plattenteller satte 60 Kilogramm wiegt, was nicht zuletzt auf den massiven Messingkern zurückzuführen ist.
Die Vorführung der Komponenten war überzeugend, was man bei den aufgerufenen Preisen natürlich erwarten kann. Beruhigend, dass Burmester auch in den darunterliegenden Klassen technisch und optisch exzellente Geräte im Portfolio hat und Neuheiten für die kommenden Jahre ankündigt.
Äußerst störend empfand ich übrigens, dass alle Interessenten für die Demonstration in einem voll besetzten und entsprechend stickigen Vorführraum geschlagene 45 Minuten warten mussten. Ohne jegliche Ansprache oder Erläuterungen seitens der Standbesatzung und lediglich mit extrem leise eingestelltem „Hintergrundgedudel“. Das geht nun wirklich besser, liebe Burmesters …
Was soll man als Fazit der diesjährigen High End bzw. der HiFiDeluxe festhalten? Viel „business as usual“. Der Trend zum Streaming nimmt weiter zu, die Streaming-Datenraten werden dank des MQA-Datenformats höher (Tidal streamt bereits 24 Bit/96 kHz in MQA). Immer mehr Hersteller bieten MQA-fähige Geräte an (Brinkmann bereits in der zweiten Generation). Dank Roon und Roon-fähigen Endgeräten ist die Übertragung von Zusatzinformationen wie Plattencover, Liedtexten, Künstlerportraits und weiterführenden Informationen bei immer mehr Streamern möglich bzw. Roon bietet auch eigene Komplettlösungen an. Analog bleibt ein großes Thema. Fast kein Vorführraum ohne Plattenspieler. Analoge Bandmaschinen erleben ebenfalls ein kleineres Comeback, bis hin zu schrankgroßen überholten Studiomaschinen, ja sogar die Compact Cassette wurde schon gesichtet. Letzteres müsste nicht unbedingt sein …
Im Raum von Audionote auf der HiFiDeluxe habe ich folgendes Schild gelesen: Die bittere Erinnerung an eine schlechte Qualität währt viel länger als die kurze Freude über einen niedrigen Preis. Dem ist nichts hinzuzufügen. Support your local business!
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