Sonntag, 20. Dezember 2015

Good Night Vienna - Messebericht "Klangbilder"

Text und Bilder: Rainer Götz

Wien ist auch in der Zeit um den 1. Advent eine Reise wert. Nicht nur wegen der HiFi-Messe „Klangbilder“, um die es in diesem Artikel geht. Stephansdom, Naschmarkt, Weihnachtsmarkt und Weihnachtsillumination der Innenstadt sind auch Ende November einen Besuch wert. Die Messe „Klangbilder“ hat ihren besonderen Reiz nicht nur wegen der sehr entspannten Atmosphäre und den vorgestellten Highend-Komponenten. Das besondere liegt daran, dass hier Musikern die Möglichkeit gegeben wird, neue Schallplatten und CDs vorzustellen – teilweise in Vorabpräsentationen von Werken die erst im Dezember oder gar Frühjahr 2016 erscheinen und teilweise erst als Rohmischung vorliegen. Hier ein paar Beispiele:

Die Pianistin Ingrid Marsoner stellte am Freitag auf den Klangbildern ihre aktuelle CD mit Werken von Mozart und Schubert vor. Präsentiert über eine Anlage von Rega (siehe Foto) klang das ganze richtig gut. Höhepunkt war der Liveauftritt von Frau Marsoner an einem „elektronischen“ Konzertflügel Alpha Pianos, der den Künstlern eine echte Konzertflügelmechanik vermittelt. Über fünf Lautsprecher und DSP-Entzerrung erfolgte die Wiedergabe. Die erwähnte Rega-Anlage konnte im Vergleich das Piano der Aufnahme sehr schön und plastisch abbilden.

Am Samstag stellte die Pianistin Donka Angatscheva ihre aktuelle CD mit Werken von Addinsel, Nino Rota und Astor Piazzolla vor. Der „Master of Ceremonies“ Dr. Ludwig Flich, in Deutschland bekannt durch seine journalistische Tätigkeit beim Fachmagazin „HiFi & Records“ interviewte die Künstlerin im lockeren Gespräch.

Die neue Lautsprecherserie der „Wiener Lautsprecher Manufaktur“ diente zur Wiedergabe. Die Serie ist sehr interessant und wurde für mehrere Künstlerpräsentationen während der Messe genutzt. Alle Musiker waren von der Reproduktion ihrer Kunst durch die Wandler der „Wiener Lautsprecher Manufaktur“ begeistert und erstaunt, wie nahe man am Original liegt.

Die Wiener bauen jetzt auch noch Transistor Vollverstärker und Vor-/Endstufen. Alle im Design der „golden Zeiten der High Fidelita“ in den 80er-Jahren. Eine Reminiszenz vor Klassikern wie Sansui oder Pioneer mit dem Klang von 2015. Schnell, präzise, mit guter Raumabbildung. Ach ja, einen aktiven Bluetooth-Lautsprecher mit dem schönen Namen „Wiener Wunderkind“ gibt es jetzt auch noch. Dieser soll sich laut WLM-Mastermind Hannes Frick „wie geschnitten Brot“ verkaufen. Er berichtete von einem Wiener Rechtsanwalt, der das „Wunderkind“ zu Weihnachten an Familie und Freunde verschenkt. Die Bestellstückzahl dieses Kunden soll bereits zweistellig sein (sic!).

Weiterer Höhepunkt, ebenfalls am Samstag, war die Präsentation einer neuen Platte des Duos Thomas Albertus Irnberger und Michael Korstick mit der Violinsonate von Richard Strauss. Gepresst auf roten Vinyl, das nach Aussage von Thomas Albertus Irnberger gegenüber Pressungen auf schwarzem Vinyl den Vorteil hat, dass es eine wesentlich ruhigere, mit weniger Nadelrauschen und Knacken behaftete Wiedergabe ermöglicht. Leider konnte dies nicht so richtig nachgeprüft werden, da sich die Platte durch den Teppichboden im Konferenzsaal des Hotels statisch stark aufgeladen hatte und dann doch hin und wieder Nebengeräusche produzierte. Irnberger ist übrigens ein „in der Wolle gefärbter“ Highender und nennt sieben Top-Anlagen sein Eigen, darunter verschiedene Röhren- und Class-A-Transistorverstärker und elektrostatische Lautsprecher.

„Sir“ Oliver Mally ist ein österreichischer Bluesmusiker, der mir bislang auch unbekannt war. Auf den Klangbildern wurde seine neue Platte „Shapeshift“ von seinem Produzenten im Gespräch mit Dr. Ludwig Flich vorgestellt. Über einen Plattenspieler Dr. Feickert „Blackbird“ mit Graham Tonarm hatte man durchaus den Eindruck, der Künstler stünde plastisch vor einem. Oliver Mally: Den Namen sollte man sich durchaus merken. Seine Platte „Shapeshift“ ist als CD und natürlich besonders als Vinyl ein audiophiler Geheimtipp. Weitere Infos: http://www.sir-oliver.com/.

Am Sonntag stellte Professor Martin Haselböck seine Beethoven Einspielungen mit der Wiener Akademie vor. Das bekannte Alte Musik Ensemble spielte die Beethoven Sinfonien in Sälen ein, die wesentlich kleiner sind als die heute üblichen Konzertsäle. Dafür – es gab noch keine feuerpolizeilichen Vorschriften – wurden zur Beethoven-Zeit 1.500 bis 2.000 Menschen in die Lokalitäten gepackt, anstelle von 450 in der heutigen Zeit. Haselböck erläuterte, dass Beethovens Zeitgenossen von der schieren Kraft und Lautstärke (bei Fortissimo-Stellen runde 95 db!) begeistert waren und dies eine Art Pop-Musik der Zeit war. Besonderer Beliebtheit erfreuten sich dabei neben den Sinfonien gerade Stücke wie „Wellingtons Sieg“, die ja auch heute „audiophile Kracher“ sind.

Das absolute Highlight des „MusikFestivals“ bei den Klangbildern 2015 war der Auftritt des Janoska Ensemble. Gegründet von den drei Brüdern Janoska Ondrej, Frantisek und Roman gemeinsam mit ihrem Schwager Julius Darvas spielen die vier seit frühester Jugend klassische Musik und haben dies auch in Wien, bei den dort tätigen Kapazitäten, studiert. Unter dem Namen Janoska Ensemble erscheint im Januar 2016 bei Universal Music deren erste CD, die auf den „Klangbildern“ Premiere hatte. Das breitgefächerte Repertoire reicht von Klassik, Sinti-Swing bis zur Weltmusik. Die vier gaben live eine mitreisende Probe ihres Könnens. Auf YouTube gibt es einen kleinen Vorgeschmack auf die CD: https://www.youtube.com/watch?v=x61hHC_aZao.

Noch weitere Künstler wurden auf den „Klangbildern“ vorstellt: Der Pianist und Intendant Markus Schirmer präsentierte seine CD mit Werken von Erich Kästner: Das Leben ist immer lebensgefährlich. Harry Sokal, Saxofonist in der Coletrane-Tradition und Mitglied im legendären „Vienna Art Orchestra“ war am Sonntag Gast. Auch Hans Theessink gab den Klangbildern wieder die Ehre – wie schon so oft in den Vorjahren.

Cello und Akkordeon: Geht das? Und wie. Das bewies das Duo Arcord der jungen Cellistin Ana Topalovic und dem Akkordeonisten Nikola Djoric. Wieder eine Vorab-Premiere für eine erst im Januar erscheinende CD. Vorgestellt von Dr. Ludwig Flich und ein weiteres Mal über das hochklassige Equipment der „Wiener Lautsprecher Manufaktur“ exzellent wiedergegeben. Die Künstler waren von der Anlage so angetan, dass sie diese wohl am liebsten gleich mitgenommen hätten.

Wer sich über die vorgestellten Highend-Anlagen einen Überblick verschaffen will, kann dies über die Website des Veranstalters tun: www.klangbilder.eu. Dirk Sommer von HiFi Statement war auch in Wien und wird in seinem Internet-Magazin über die Klangbilder berichten: http://www.hifistatement.net/event/item/1651-adventsvergnuegen-die-klangbilder-15. Hier deshalb nur kurz einige Höreindrücke für Produkte, die bei uns in Stuttgart oder Isny erhältlich sind.

Immer wieder überzeugend: Die KEF LS 50. Lief in Wien an einer Audiolab-Kette und überzeugte durch Präzision bei der Instrumentenabbildung und plastische Wiedergabe. Wie die KEF-Leute den tiefreichenden Bass in das kleine Gehäuse gepackt haben, bleibt wohl deren Geheimnis.

Leider nur als statische Präsentation waren bei HiFi-Team die aktuellen Röhrengeräte von Audio Research zu sehen. Ebenso wie die bekannte Vorstufe von Dan D'Agostino, die – dies war neu – jetzt um eine Endstufe ergänzt wurde. Wadia-Wandler rundeten die Präsentation des Importeurs ab. Wie gesagt waren die Geräte leider nicht in der Vorführung. Aber HiFi-Team hat ein solch umfangreiches Portfolio an Marken, dass die meisten Hersteller nur statisch präsentiert werden konnten. So auch das aktuelle Ortofon Programm mit einer „SPU-Parade“.

Joachim Gerhard meldet sich mit aller Macht und aktuellem Team zurück. Auf den Klangbildern wurde der Nachfolger der legendären Cerubini vorgestellt. Sechs aktive Lautsprecher pro Seite sprechen eine deutliche Sprache. Heißt jetzt Michelangelo und läuft unter dem österreichischen Label Mace (Vorabinformation hier). Angesteuert mit eigener Elektronik und Loricraft/Garrard als Frontend. Martina Schöner gehört zum Entwicklungsteam von Joachim Gerhard.

Ein Kopfhörer für 50.000 Euro! Nein, kein Schreibfehler und auch das Komma ist nicht verrutscht. Sennheiser stellte in Wien den Nachfolger des berühmten Orpheus vor. Ein elektrostatischer Hörer mit Verstärker und integriertem DA-Wandler. Im Treiberteil sitzen acht Röhren, die Class-A-Endstufe direkt im Hörer. Das Gehäuse ist aus Marmor. Wer also anstatt eines Mercedes C-Klasse Coupés lieber Class-A-Musik über Kopfhörer genießt: Jetzt ordern. Nach Aussage von Sennheiser gibt es schon Vorbestellungen. Ausgeliefert wird ab Mitte 2016. Limitierung? Ergibt sich automatisch bei dem Preis.

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