Ein Beitrag von Rainer Götz
Eine der bekanntesten Aufnahmen der Count Basie Big Band ist die 1956 entstandene Platte „April in Paris“. Der Count fordert von seinen Musikern nach einem ersten Durchgang „one more time“ und schließlich nach einem weiteren Chorus „let’s do it one more once“. Oliver Wittmann war beim Music Day am 23.2.2017 ebenfalls ein „Wiederholungstäter“. Schließlich hatte er die Avantgarde Audio Uno XD bereits im Juni 2016 und schon im April 2016 beim Music Day in der Vorführung. Die Zuhörer waren gespannt, ob klanglich tatsächlich noch was zu bewegen ist. Sie wurden nicht enttäuscht.
Aber zunächst einmal zu den Mitspielern: Neben dem bewährten Linn LP 12 Akurate mit ZYX-Tonabnehmersystem und Tom Evans Phonovorstufe kam wieder von T+A der MP 2000 R zum Einsatz. T+A nennt ihn einen „Multi Source Player“, da er so ziemlich alle digitalen Quellen wandelt und abspielt. Ein hochwertiges CD-Laufwerk; FM-, DAB+ Tuner; Bluetooth Streaming; Digital Connecting Board; High Res Streaming Client mit Musikdiensten Tidal, Deezer, qobuz stehen auf der Quellenseite zu Verfügung. Die wandlerseitige Ausstattung in PCM: Doppel-Differential-Quadruple-Converter mit vier 32 Bit D/A-Wandlern pro Kanal bis zu 384 kSps. In DSD: T+A True 1 Bit Converter; direct DSD Signal path bis zu DSD 512. Und dann noch eine Doppel Mono »State of the Art«-Ausgangsstufe mit 100 kHz Grenzfrequenz.
Verkabelung netzseitig mit dem bewährten Ringmat Pure Power in Verbindung mit der legendären Audioplan „Keksdose“ Powerstar S 3. Sonst kamen Swisscables Reference IC direct für die NF-Verbindungen und die Lautsprecherkabel Reference Plus zum Einsatz.
Für die Verstärkung standen von Octave Audio die beiden Vollverstärker V 110 SE und V 80 SE zur Verfügung. Der eine (V 110 SE) mit einer Ausgangsleistung von 2 x 110 Watt, leistungsmäßig das aktuelle Spitzenmodell im Octave Programm, der andere klanglich eine Stufe darüber, allerdings mit geringerer Leistung und standardmäßig mit KT 150-Röhren bestückt.
Der Unterschied beim Music Day liegt in der Röhrenbestückung. Da die Avantgarde Acoustic Uno XD als Hornlautsprecher mit aktivem 1.000 Watt-Bassverstärker und DSP-Raumanpassung im Mittel- und Hochtonsektor nur äußerst geringe Verstärkerleistungen benötigt, setzte Oliver Wittmann vier KT 88-Röhren in den V 80 SE und optimierte zudem die Ruhestromeinstellung für die Kombination Uno XD und V 80 SE. „Es kommt eigentlich nur auf das erste Watt an,“ erklärte Herr Wittmann. Die Hörner haben einen Wirkungsgrad von 107 db und arbeiten 90 % verzerrungsärmer als herkömmliche Lautsprecherboxen mit Konustreibern und Frequenzweichen. Die von Oliver Wittmann ausgetüftelte Biaseinstellung im Zusammenspiel mit den ausgesuchten KT 88-Röhren wird aus diesem Grund „OW Modifikation“ genannt. Wer über die Uno XD mehr lesen will, den verweise ich auf die beiden Artikel zum Music Day im April und Juni 2016.
Als erstes wurden nun die beiden Verstärker an der Uno XD im direkten Vergleich gefahren. Zum Vergleich diente eine Aufnahme des Branford Marsalis Quartetts zusammen mit dem Sänger Kurt Elling. Von einem USB-Stick, WAV-Datei mit 24 Bit/96 kHz. Zunächst der V 110 SE bestückt mit KT 120-Röhren. Klang gut, voll, rund. Die Instrumente waren plastisch auf der imaginären Bühne aufgestellt. Was soll da noch besser gehen? Es ging: Schon nach wenigen Saxophonläufen von Branford Marsalis in dem Stück „Blue Gardenia“ war der „kleinere“ V 80 SE mit KT 88-Endpentoden und der „OW-Modifikation“ eindeutiger Sieger. Das Tenorsaxofon spielte noch besser in das Quartett integriert, rund, voll, aber nicht ohne den typischen „Biss“. Hier war man eindeutig näher an der Musik, die notwendige Emotion kam zweifellos glaubhafter und einfach besser rüber. Ein kurzer Rückcheck bestätigte diese eindeutige Einschätzung.
Ein Vergleich CD gegen Streaming war dann angekündigt. Oliver Wittmann hatte einen Track aus einer CD von Manu Katché zuvor über einen Ripper von Naim Audio eingelesen und die Daten (WAV-Datei mit 16 Bit/44,1 kHz, also CD-Auflösung) auf einem NAS (Network Attached Storage) gespeichert. Der Datenabruf erfolgt dann über den T+A MP 2000R. Unterschiede? Ja, sehr diffizile allerdings. Die CD klang etwas „fülliger“ und weniger packend. Die gestreamte Datei dagegen präziser, die Instrumente einen „Tick“ dynamischer, man hatte das Gefühl den Musikern etwas näher zu sein. Wie gesagt kleine Unterschiede, aber wahrnehmbare. Zumindest mit einer Anlage, die so auflöst wie die Octave V 80 SE in Kombination mit der grandiosen Avantgarde Acoustic UNO XD.
Nach diesem Vergleich einfach Musik: Klassik und Hornlautsprecher, sagt man landläufig, seien nicht unbedingt für einander gemacht. Auch wenn im berühmten Mailänder Teatro alla Scala gleichnamige Hornlautsprecher eines legendären US-Lautsprecherherstellers eingesetzt werden. Also hörte ich sehr genau hin, als der letzte Satz von Nikolaj Rimsky-Korsakov Sheherazade Suite mit der Filharmonca Teatro Regio Torino erklang. Die SACD (wir hörten die CD-Spur) von Giulio Cesare Ricci im April 2015 im Teatro Regio Torino minimalistisch, unter Verwendung von Neumann Röhrenmikrofonen der Typen U47, U48 und M49 aufgezeichnet. Eine Aufnahme wie Giulio Cesare Ricci selbst. Vollmundig, sinnlich, frugal und lebensbejahend. Signore Ricci selbst ist schon eine Art „Gesamtkunstwerk“ und sprüht – z.B. bei seinen Vorträgen auf der Highend in München - vor Lebensfreude. Wie man auch unschwer sieht, ist er gutem Essen und ebensolchem Wein nicht abgeneigt.
Ich versuche, bei den Streichern Hornverfärbungen rauszuhören. Nichts! So sehr ich mich auch anstrenge. Die gefürchtete „Trötigkeit“ sucht man vergebens. Dafür Dynamik ohne Ende, auch im Bassbereich durch den integrierten Subwoofer-Verstärker mit 1.000 Watt.
Wir hören weiter. Jazz aus dem Hause ECM von CD und Vinyl, Monty Alexander beim Montreux Jazz in 24 Bit/192 kHz, der große Eberhard Weber großorchestral von CD, das Jazz Trio des promovierten Mathematikers Benedikt Jahnel aus Berlin in HighRes 24/96 …
Die von Oliver Wittmann und Markus Nolden zusammengestellte Anlage überzeugt in jeder Hinsicht und macht vor allen Dingen eines: Spaß. Wenn Musik Emotionen auslöst, Zuhörer bewegt, die Anlage als solche vergessen macht. Kurz, um den Wittmannschen Slogan aufzunehmen, eine „audiophile Musikanlage mit Gänsehautfaktor“. Auch wenn unsere Schweizer Freunde der Meinung sind, dies müsse korrekt statt Gänsehaut richtig „Hühnerhaut“ heißen. Ob Huhn oder Gans, die Anlage geht ab wie „Schmidts Katze“.
Es wäre noch anzumerken, dass sowohl beim V 110 SE wie auch beim V 80 SE die Octave Audio Black Box als Netzteilverstärkung angeschlossen war. Dies hatte ich vergessen und sollte nicht unterschlagen werden.
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