Hört Ihr das Horn, es ruft die Männer nah und fern …
[Menosgada Vagalune, Finnland]
Ein Beitrag von Rainer Götz
Die Männer kamen tatsächlich am 27.10.2016 ins HiFi-Studio von Oliver Wittmann, um die letzte Inkarnation der Avantgarde Acoustic Zero One, die Version „XD“ zu hören. Und sie wurden nicht enttäuscht. Die Zero One XD ist ein 3-Wege-Aktivlautsprecher. Den Hoch- und Mitteltonbereich decken dabei Hornlautsprecher ab. Im Bass läuft ein aktiver (konventioneller) Subwoofer. Verstärker mit 400 Watt im Bass und 2 x 50 Watt für den Mittel- und Hochtonsektor stehen zur Verfügung, wobei die 50-Watt-Verstärker in einem weiten Bereich im Class A-Betrieb arbeiten.
Der Lautsprecher verfügt über einen integrierten DA-Wandler, kann also direkt von einer digitalen Quelle, also einem Server, CD-Spieler oder Computer, angesteuert werden. Für analoge Quellen steht ein XLR Eingang zur Verfügung. Dort erfolgte dann auch der Anschluss des Linn LP 12 mit EMT-System und des Whest Phonoverstärker PS.40RDT Special Edition.
Im Lautsprecher ist ein DA-Wandler mit einer Auflösung von 24 Bit Wortbreite und 352,8 kHz Upsampling integriert. Ein Lautsprecher dient dabei als „Master“. Der „Slave“ wird mit einem einfachen LAN-Kabel mit dem Hauptlautsprecher verbunden und übernimmt dessen Daten, wobei die Verbindung auch drahtlos erfolgen kann.
Aber der „Hardcore-Audiophile“ wird sicher eine Kabelverbindung vorziehen. Denn wenn schon Digitalkabel unterschiedlich klingen, weshalb sollten LAN-Kabel nicht auch Unterschiede haben. Der Experimentierfreude des Audiophilen sind also Tür und Tor geöffnet. Wer davon unabhängig nur Musik genießen will, greift wahrscheinlich zur drahtlosen Verbindung. Auch der Staubsauger schwingenden Ehefrau zuliebe…
Die Anpassung an den Wohnraum erfolgt logischerweise auf der digitalen Ebene. Phasenverschiebungen, wie bei analog arbeitenden Equalizern, werden damit vermieden. Diese Anpassung kann auch mittels Laptop und einem entsprechenden Programm noch exakter vorgenommen werden als mit den Bedienelementen auf der Rückseite. Bei 100 EQs mit je 16.000 Frequenzpunkten überlassen Sie dies am besten Oliver Wittmann oder Markus Nolden. Die beiden kennen sich damit aus und wissen damit umzugehen. Weitere Infos über den Zero One XD finden Sie hier.
Über den Linn Akurate LP 12 hier viel zu sagen, hieße Eulen nach Athen tragen (oder Whiskey nach Glasgow – um im Bild zu bleiben). Das mit dem Akito-Tonarm, Kore-sub-chassis, Trampolin-Board und Lingo-Netzteil ausgestattete Gerät ist das zweigrößte im aktuellen Linn-Programm und von Oliver Wittmann für die Vorführung mit einem klassischen EMT-System anstelle des Krystal-Tonabnehmers ausgerüstet. Wer über den LP 12 Akurate mehr wissen will, bitte hier und hier entlang.
Einer der weltbesten Phono-Verstärker, der Whest PS.40RDT Special Edition, bereitete die vom Linn Akurate LP 12 gelieferten Signale auf. Ein eigentlich unscheinbares schwarzes „Brikett“, das es klanglich aber faustdick hinter den Ohren hat. Details hier und hier. Als Streamer kam der bewährte Linn Akurate DSM zum Einsatz. Technische Details hier. Die Zeitschrift AUDIO hat den Akurate DSM getestet. Der Artikel spricht für sich und die Qualität des Akurate DSM: http://www.connect.de/testbericht/linn-akurate-dsm-1443986.html
Soviel zu den Zuspielern. Jetzt ging es ans Hören. Zum Warmlaufen steckte Markus Nolden einen USB-Stick mit HighRes-Daten in das Wittmannsche Netzwerk (der Linn akzeptiert – schottische Eigenheit – direkt keine USB-Sticks). Monty Alexander und sein legendärer Auftritt beim Montreux Jazzfestival spielten auf. Als FLAC-Datei mit 192 kHz. Die Spielfreude dieser Aufnahme sprang einen geradezu an. Der alte Südstaaten-Klassiker „Battle Hymn of the Republic“, vielen bekannt als „John Brown‘s Body“, fetzte aus den Lautsprechern, dass es eine Freude war. Hier zeigt sich einer der Vorteile von Hornlautsprechern, die unwahrscheinlich schnelle und präzise Schallwandlung und die damit verbundene spritzige Dynamik. Die Schnelligkeit der Zero One XD vermag sogar Liebhaber von Flächenstrahlern (also Magnetostaten oder Elektrostaten) für sich einzunehmen.
Dann, nach dieser Anwärm-Phase zur CD-Wiedergabe. Zuspieler übrigens ein Creek CD-Player, der als reines Laufwerk an die Zero One XD über Digitalkabel direkt angeschlossen wurde. DA-Wandlung erfolgte dann in der Zero One XD. Beginnen wir gleich mit einer für Hornlautsprecher in der Regel schwierigen Sache: Klassische Symphonische Musik. Der Amerikaner Aaron Copland hat wesentlich mehr komponiert als Fanfare for the Common Man, Billy the Kid und El Salón México. Allein drei Sinfonien stammen aus seiner Feder, außerdem Orchester- und Chorwerke. Wir hören aus der zweiten Sinfonie den zweiten Satz mit der BBC Philharmonic unter dem Dirigat von John Wilson. Man sucht die horntypische Heiserkeit oder Verzerrungen. Fehlanzeige: Volle Dynamik und gleichzeitig die wunderbar volle und warme Abbildung der Streichinstrumente. Dann setzen die Bläser ein: Mit der hier exakt richtigen Aggressivität des Blechs, die Trompeten schmettern … Man wird leicht sprachlos, was hier abgeht.
Paco de Lucia und John McLaughlin sind im Jahr 1987 beim Montreux Jazzfestival gemeinsam aufgetreten und haben sich ein Gitarren-Battle geliefert, wie vorher schon in der heute berühmten Nacht in San Francisco, damals noch mit Al di Meola als drittem Mann. Die Aufnahmen sind jetzt im Sommer diesen Jahres unter dem Titel „Paco and John Live at Montreux“ als Doppel-CD mit Bonus DVD erschienen. Wer „Friday Night in San Francisco“ mochte, wird auch von diesen Aufnahmen begeistert sein. Auch der Tontechniker war in Bestform, und man fragt sich nur, weshalb es 30 Jahre dauerte, bis diese Aufnahmen veröffentlicht wurden. Die beiden Guitarreros versuchen sich gegenseitig mit ihrer Fingerfertigkeit zu übertreffen. Man merkt, zwei ausgeprägte Egos sind hier am Werke. Die Gitarrenläufe perlen aus den Lautsprechern. Diese vergisst man nach kurzer Zeit und lauscht nur noch gebannt der Fingerakrobatik des Spaniers und des Engländers. Toll!
Wir hören weiter quer durch den Garten. Klassischer Moderner Jazz auf dem ECM-Label und mit dem typischen ECM-Sound (auch über die Analog-Kombination LP 12 Akurate/EMT/Whest, die sich den CD-Präsentationen zumindest als gleichwertig beweist). Besonders erinnerlich ist mir eine Aufnahme des norwegischen Gitarristen Jacob Young. Auf seiner ersten ECM-Aufnahme unter eigenem Namen mit dem Titel „Forever Young“ spielt er in den Osloer Rainbow Studios zusammen mit dem Marcin Wasilewski Trio und dem Saxofonisten Trygve Seim. Man hört seine Lehrmeister John Abercrombie und Jim Hall, ohne dass er diese kopieren würde. Seine Gitarre passt sich elegant der Rhythmusgruppe um den Polen Marcin Wasilewski an. Und dann der typische skandinavische Saxofonton von Trygve Seim. Auch hier lauscht man gebannt und vergisst Lautsprecher und Equipment. Music speaks!
Ob die sechste Sinfonie von Tschaikowski in der legendären Einspielung durch Evgeny Mravinsky und der Leningrader Philharmonie vom November 1960 oder die vier „Sea Interludes“ von Benjamin Britten in einer Aufnahme des Philharmonia Orchestras unter Carlo Maria Giulini aus dem Oktober 1962 oder die seinerzeit noch auf SABA erschienene Platte der beiden Giganten des Tenorsaxofons „Ben Webster meets Don Byas“ - jede dieser Aufnahmen machte Spaß, klang nie lästig. Wenn es aggressiv tönt, dann war dies aufnahme- oder altersbedingt.
Wer in der Klasse um 14.000 Euro Lautsprecher, DA-Wandler und Verstärker sucht, sollte sich die Avantgarde Acoustic Zero One XD unbedingt vorurteilsfrei anhören. Natürlich, die Zero One XD verleugnet ihren Charakter als Hornlautsprecher nicht. Liebhaber englischer Studiomonitore wird er vielleicht nicht „relaxed“ genug sein, aber auch die sollten mal „ein Ohr riskieren“ und dann endgültig urteilen. In jedem Fall ist die Zero One XD ungeheuer schnell, impulsstark, dynamisch und – wenn es darauf ankommt – auch laut. Aber – und das wird bei den Messe-Präsentationen durch Avantgarde Acoustic so gut wie nie demonstriert – die spielen auch ganz, ganz hervorragend bei Zimmerlautstärke und noch darunter. Loudness-Taste ade!
Wer schon eine exzellente Endstufe hat und diese nicht verkaufen oder einmotten will: Avantgarde Acoustic hat eine Ausgabe der Zero One XD ohne Mittel- und Hochton-Endstufen angekündigt. Der Bass bleibt aktiv, mit allen digitalen Korrektur- und Regel-/Anpassmöglichkeiten. Der Lieblings-Endverstärker, egal ob Röhre oder Transistor, übernimmt den Mittel-/Hochtonsektor. Ich könnte mir da einige interessante wohlklingende Kombinationen mit Octave-Röhrenverstärken vorstellen…
Fazit einmal mehr: Unbedingt selbst anhören und sich überraschen lassen. Oliver Wittmann und Markus Nolden freuen sich auf Ihren Anruf!
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