Ein Beitrag von Rainer Götz
„A bisserl was geht immer.“
(Monaco Franze 1983)
„Da geht noch mehr.“
(Oliver Wittmann 2016)
Jüngeren Lesern, die mit „Monaco Franze“ nichts anzufangen wissen: Dies war eine Kult-Fernsehserie von Helmut Dietl. Monaco Franze, der philosophierende „Stenz“ (Mundart für Münchner kleinbürgerlicher Aufschneider) aus der Vorstadt, der Midlife-Crisis-geplagt spielerisch-respektvoll mit jüngeren Frauen flirtet. Und doch längst sein Herz an „Spatzl“, eine gutbürgerliche Antiquitätenhändlerin verloren hat, die ihn an der langen Leine hält. Bei YouTube können ganze Folgen angesehen werden. Viel Spaß!
Beim Wittmann Music Day im April stand die Avantgarde UNO XD bereits im Mittelpunkt und setzte sich gut in Szene. Wer nachlesen will, findet hier im Blog den entsprechenden Artikel. Aber Oliver Wittmann war der Meinung, dass die Uno XD noch mehr Potential hat und „werkelte“ mit der Aufstellung im Raum sowie der Einstellung des Subwoofers. Dank DSP kann die Uno XD im Bassbereich ja sehr feinfühlig an die akustischen Gegebenheiten angepasst werden. In Gesprächen mit Andreas Hoffmann von Octave Audio wurde zudem die Idee entwickelt, eine Octave RE 320 bestückt mit KT 88 Gold Lion und einer speziellen, auf die UNO XD hin optimierten Ruhestromeinstellung einzusetzen.
Als Zuspieler diente der bewährte Thales TTT Slim mit EMT-System als Plattenlaufwerk. In dem Artikel über den Music Day vom Mai 2016 habe ich diesen schon beschrieben, so dass ich hier nur einen Verweis anbringe. Der Linn Klimax DS Streamer stand für Musik aus dem Netzwerk und vom Streamingdienst TIDAL (natürlich die HiFi-Variante mit 16 Bit und 44,1 kHz) zur Verfügung.
CDs wurden über den brandneuen Electrocompaniet EMC-1 MKIV abgespielt. Der Player wurde gerade auf der Highend in München der Öffentlichkeit vorgestellt. Wie seine Vorgänger bei Electrocompaniet wieder ein Top-Lader, der ausschließlich für die CD-Wiedergabe optimiert wurde. Also keine DVD-, Blueray- oder SACD-Wiedergabe, keine Digital- oder USB-Eingänge, dafür CD-Wiedergabe auf höchstem Niveau und sogar zwei digitale Ausgänge für externe Wandler, falls ein Einsatz „nur“ als CD-Laufwerk jetzt oder später geplant ist. Dies macht den EMC-1 MKIV letztlich zukunftssicher. Erste Testberichte gibt es in der aktuellen Ausgabe von „image hifi“ und auf der österreichischen Website von Sempre-Audio.
Als Vorstufe kam die Octave Audio HP 700 zum Einsatz, über die hier im Blog schon mehrfach berichtet wurde (z.B. hier). Für die Stromversorgung gab es die bewährten Netzkabel von Ringmat mit den Reinkupfersteckern in Kombination mit der Audioplan Powerstar S, der legendären „Keksdose“ aus Malsch. NF-Kabel kamen von Swiss Cable und Cardas. Oliver Wittmann hat sich nach ausgiebigen Hörtests für die vollsymmetrische Verkabelung entschieden, schränkt aber ein, dass es andere Komponenten gibt, die über die Cinch-Verbindung am HP 700 besser klingen als deren XLR-Pondon. Selbst ausprobieren oder auf den Rat des erfahrenen Fachmanns hören sind hier gefragt.
Als Endverstärker wurde der Octave RE 320 mit den im Ruhestrom speziell angepassten KT 88-Röhren verwendet. Hier zeigte sich wieder mal, wie wichtig es ist, vor einem Hörtest die Geräte einige Zeit warmlaufen zu lassen. Zunächst klang die Anlage etwas angestrengt und eng. Im Laufe der Vorführung öffnete sich das Klangbild von Minute zu Minute. Nach ca. 40 Minuten war alles da!
Oliver Wittmann berichtet, dass am Ende des Music Day die RE 320 „göttlich spielte“ und ein Versuch mit der großen MRE 220 Monoendstufe (mit KT 120-Röhren) nicht zum Erfolg führte. „Die Monos spielten einfach nicht so locker und sehr kontrolliert, aber eher so wie jemand, der zu viel Muskeln hat und vor lauter Muskeln nicht laufen kann,“ so die Aussage. Man sieht, wie wichtig die optimale Anpassung von Endstufe, Röhren und Ruhestrom ist. Und letztlich ist die optimal angepasste Endstufe auch noch preisgünstiger als die beiden großen Monos. Für die Avantgarde Hornlautsprecher war die RE 320 absolut erste Wahl. Dafür klangen die MRE 220 mit „herkömmlichen“ Lautsprechern, wie der Focal Sopra Nr. 2, beim vorangegangen Music Day im Juni grandios. OKAY, die Focal sind natürlich alles andere als ein „herkömmlicher“ Lautsprecher, und diese Kombination war etwas, das unsere anglophonen Freunde als „marriage made in heaven“ bezeichnen.
Wichtigste Frage wie immer: Wie klang das alles? Wir starteten mit dem amerikanischen Orgel-Exzentriker Cameron Carpenter und dessen neuer CD „All you need ist Bach“. Über TIDAL abgespielt erschütterten abgrundtiefe Orgelbässe den Raum, beließen aber immer noch die Orgel eindeutig im Raum ortbar. Aber auch feinste Töne, Anblasgeräusche oder das Klappern der Pedale und des Manuals blieben erhalten. Carpenter, der sich selbst als „Rachmaninow der Orgel“ bezeichnet, spielt mit einer ansteckenden Spiellaune, die sicher auch dem alten Johann Sebastian Bach Spaß gemacht hätte.
Themenwechsel: Gianluigi Trovesi auf seiner CD „Round About A Midsummer's Dream“. Das ist mit „Folk-Jazz“ nur unzureichend charakterisiert. Hier setzen Bläser mit voller Wucht wie bei einer Bigband ein und versetzen die Zuhörer in einen ganz besonderen Zauber. Die Avangarde UNO XD spielt hier ihre Stärken voll aus. Ansatzlos schmettern die Saxophone, da verzerrt nichts und die Lautstärke wird de facto nur noch vom Raum bestimmt, der irgendwann – weit jenseits dessen, was der HiFi-Pabst Karl Breh einstmals als „HiFi-gerechte Lautstärke“ definiert hat – akustisch „zu kippen“ beginnt und dann für ein Lästigkeitsgefühl sorgt. Bis es so weit ist, haben sich wahrscheinlich schon ihre Nachbarn zusammengerottet und die Ordnungshüter gerufen, um der Ruhestörung Herr zu werden.
Bei einem Requiem denkt man üblicherweise an eine ruhige, besinnliche Totenklage. Nicht so bei Meister Giuseppe Verdi. Sein Requiem ist „große Oper“. Man höre sich über die UNO XD mal das „Dies irae“ in der Aufnahme mit dem Atlanta Symphony Orchestra & Chorus unter Robert Shaw an, eine ebenso legendäre wie spektakuläre Telarc-Aufnahme aus dem Jahr 1987. Der Chor, die ganze Musik, ja der Saal atmet. Für solche Aufnahmen sind Lautsprecher wie die Uno XD gemacht.
Das Vorurteil, dass Hörner bei Streichinstrumenten verfärben, kann mit einer Aufnahme des Janoska Ensembles ausgeräumt werden. Die CD „Janoska Style“ swingt zwischen Klassik (Carmen Fantasie), Tango-Seeligkeit (Adios Nomino) und Gipsy-Swing (Fledermaus Overtüre à la Janoska) hin und her und macht einen Heidenspaß. Wenn wir gerade dabei sind, gilt es, noch ein Vorurteil auszuräumen: Die UNO XD stellt Frauenstimmen unverfärbt exakt so in den Raum, wie diese aufgenommen wurden. „Line für Ladies“ ist eine CD mit vier Vokalistinnen unter Führung der jetzt 88-jährigen Jazz-Ikone Sheila Jordan. Das swingt wie der „Leibhaftige“ und macht mächtig Spaß.
Gleiches gilt für die vier Bass Saxophonisten von „The Bass Sax Quartet“, die auf der CD „Deep Schrott“ Bob Dylan und Kurt Eisler spielen. Egal ob Dylans „Mr. Tambourine Man“ oder Eislers Lied „Die freie Wirtschaft“, die vier Tieftöner spielen augenzwinkernd und bringen ihre Instrumente trotz deren physikalischer Größe zum Swingen und Tanzen. Die UNO XD bringt es rüber. Ebenso wie ein klassisches Jazz-Piano Trio (Tsuyoshi Yamamoto Trio) oder die gerade erschienene ECM-CD „In Movement“ mit Jack Dejohnette am Schlagzeug und den Musikersöhnen Ravi Coltrane (Sohn von John Coltrane) und Matthew Garrison (Sohn von Bass-Legende Jimmy Garrison). Das ist weit weg von der Idee „Söhne spielen die größten Hits der Väter“. Nein, das sind drei eigenständige Musikerpersönlichkeiten mit eigenem Ton. Ravi Coltrane klingt für mich näher an Sonny Rollins als am Vater John Coltrane. Schöne Musik und erstklassige Aufnahme von James A. Faber in den New Yorker Avatar Studios.
Als ich die Vorführung verließ, lief dann letztlich die Musik, die man gemeinhin mit Hornlautsprechern verbindet: „Harter Rock von Leuten mit langen Bärten“, wie ein Zuhörer erklärte. Hier war natürlich die UNO XD voll in ihrem Element: „Music to Annoy your Neighbours“, volles Rohr! …
Fazit: Die Feinabstimmung bei der Platzierung im Raum, die Einstellung des Subwoofers und Anpassung an den Verstärker brachten nochmals eine deutliche Verbesserung gegenüber der schon hervorragenden Präsentation beim Music Day im April. Oliver Wittmann und Markus Nolden haben eine gut spielende Kette noch besser gemacht. Jeder, der sich in dieser Klasse für einen Lautsprecher interessiert, sollte diese Anlage mal gehört haben. Streng nach dem Motto des am Anfang erwähnten Moncaco Franze: „Wer Rheingold nicht gesehen hat, der versteht den ganzen Ring nicht mehr!“ Womit Franze absolut Recht hat.
Ich bin gespannt, wie es noch eine Nummer größer klingt. Am 8.7. und 9.7. spielt Oliver Wittmann in seinem Terminstudio in Isny die Avantgarde TRIO XD mit zwei Basshörnern. Mal sehen, was uns erwartet und wie „das ganz große Besteck“ klingt. Vielleicht sehen wir uns. Ich werde in jedem Fall hier berichten.
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