Ein Beitrag von Rainer Götz
Am 25. Februar 2016, wie immer am letzten Donnerstag im Monat, lud Oliver Wittmann zum Music Day in seine Studios. Thema war wieder, wie schon bei den beiden Workshops eine Woche davor, die aktuellen Aktivlautsprecher von Linn aus Schottland. Diesmal die günstigeren Lautsprecher aus der 530er und 520er Serie, die auch Publikum abseits der audiophilen Welt ansprechen sollen.
Da stand er nun, der Lautsprecher 530, umhüllt von feinstem Harris Tweed. Die Lautsprecher der Series 5 gibt es in sechs Standard-Designs und darüber hinaus in weiteren Designer-Outfits, insgesamt 20 Möglichkeiten, den Lautsprecher harmonisch in eine Wohnlandschaft einzubetten. Da ist für jeden Geschmack etwas dabei. Audiophilen, die wegen der Stoffabdeckungen Bedenken haben, der Klang könne durch den Stoff behindert werden, sei gesagt, dass dank des intelligenten Exakt Einmess-Systems der Einfluss der Stoffbespannung berücksichtigt und ausgeglichen wird. Das gilt auch, wenn der Kunde eine Vorliebe für rustikalen Harris-Tweed hat.
Das Exakt-System erlaubt es, die Lautsprecher optimal in den Wohnraum zu integrieren. Der Fachhändler (oder später auch der Kunde selbst) gibt Parameter wie Größe des Raums, Abstand zum Hörplatz oder Wandbeschaffenheit in einen Laptop ein, auf dem das entsprechende (kostenlos herunterladbare) Raumkorrekturprogramm von Linn abgelegt ist. Damit lässt sich dann, wie schon bei den größeren Linn-Systemen, die am 18.02.16 und 19.02.16 beim Linn-Workshop vorgestellt wurden, der Lautsprecher auf den Raum einmessen. Fertigungstoleranzen der einzelnen Lautsprechersysteme werden dabei automatisch ausgeglichen.
Eine digitale Frequenzweiche verhindert Phasenverschiebungen und Klirreinflüsse, wie sie bei herkömmlichen Frequenzweichen nicht zu vermeiden sind. Wer hier mehr wissen will, findet auf der Linn Website ausführliche Erklärungen (http://www.linn.co.uk/music-systems/series-5). Eine kurze deutschsprachige Zusammenfassung der technischen Möglichkeiten finden Sie auch bei uns: http://www.wittmann-hifi.de/hifi/audio/linn_series_5_530.htm.
Der 530er-Lautsprecher selbst ist ein aktives 3-Wege-System mit drei Endstufen @ 100 Watt Leistung. Angesteuert von einem Linn Server, der als Steuergerät fungiert über ein handelsübliches CAT5-Ethernet-Kabel. Der kleinere 520er kommt mit einem 2-Wege-System und 2 Mal 100 Watt Leistung pro Kanal aus. Der Bass ist bei beiden Lautsprechern nach dem Isobarik-Prinzip ausgeführt, also zwei gegeneinander arbeitende Bass-Chassis, um damit einen tiefe und saubere Basswiedergabe zu gewährleisten.
Linn wurde ja durch den legendären Plattenspieler LP 12 bekannt. In der Anlagenzusammenstellung von Oliver Wittmann durfte deshalb auch ein LP 12 in Vollausstattung nicht fehlen. Mit dabei: die Phono-Vorstufe Linn Uphorik, die vor Beginn der Vorführung über das integrierte „Mäuseklavier“ an das Linn MC-System angepasst wurde. Die Uphorik ist übrigens universell angelegt und kann problemlos auch in Nicht-Linn-Anlagen, also „outside of the envelope“, wie die Schotten sagen würden, eingesetzt werden. Um den Zuhörern auch die Möglichkeit der CD-Wiedergabe zu bieten, wurde digital ein Creek-Player an den Majik-Server angeschlossen (Linn hat die Produktion von CD-Spielern ja schon vor Jahren eingestellt).
Soviel zur Technik. Jetzt wurde Musik gespielt. Oliver Wittmann begann standesgemäß analog mit dem LP 12 und Uphorik und legte die RCA Living Stereo-LP „Venice“ mit dem Orchestra of the Royal Garden Opera House unter dem Dirigat des legendären Maestros Georg Solti auf. Beim ersten Take klangen zunächst die Geigen etwas aggressiv, was sich aber Mitte/Ende der ersten Plattenseite egalisierte. Ein Rückcheck mit meiner heimischen Anlage ergab übrigens, dass die Aggressivität beim ersten Take auf der Platte drauf und nicht der Anlage anzulasten ist. Insgesamt wurde die „Venice“ ihrem Ruf als eine der „großen RCAs“ gerecht. Alles war da: Plastische Abbildung des Orchesters, Rhythmus und Spannung. Der 530er-Lautsprecher lief zur Top-Form auf.
Dann als Kontrastprogramm die neue CD von Bill Frisell „When you wish upon a Star“, bei der Frisell musikalische Einflüsse aus seiner Jugend aufnahm. Da improvisierte er doch tatsächlich über das Thema der Kult-TV-Serie „Bonanza“ und „You Only live Twice“ aus dem gleichnamigen James-Bond-Film. Ohne vordergründigen „Aha-Effekt“, ruhig und doch spannungsvoll eingespielt. Dann die aktuelle CD von Charles Lloyd „I long to see you“. Bill Frisell spielt hier übrigens auch mit. Besonders reizvoll zwei Duos. Das eine mit der Country-Legende Willie Nelson und dem mit Pete Seeger verbundenen “Last Night I had the Strangest Dream” und das zweite mit der großartigen Norah Jones und dem Klassiker “You are so beautiful”. Willie Nelson und Norah Jones standen tatsächlich glaubhaft und plastisch im Raum!
Dann wieder ein Schlenker zur Klassik: Aus dem grandiosen (und extrem preisgünstigen) Sampler „Canti amorosi“ mit erotischen Liedern des Barock ein Auszug aus dem Buch 9 der Madrigali von Claudio Monteverdi und dann noch Henry Purcells „Sweeter than Roses“. Was für eine Stimmenwiedergabe, welcher Schmelz in Stimme und Begleitinstrumenten…
Harter Wechsel zu Senor Coconut y su Conjunto: Vier Chilenen spielen in der Tradition des Kubaners Pérez Prado die Musik von – sie lesen richtig – Kraftwerk. Die „Showroom Dummies“ und natürlich „Autobahn“ zaubern ein Lächeln auf die Lippen der Zuhörer. Das ist keine Highend-Vorführplatte, das ist Musik, die Spaß macht und die Anlage vergessen lässt. Dann wieder Klassik mit Les Bassis Reunies, Gospel A Cappella mit Bobby McFerrin; Piano Sonaten des Spaniers Blasco de Nebra mit Javier Perianes am Flügel…
Alles spielte ganz hervorragend über die Linn 530 und machte richtig Spaß. Ein Lautsprecher, eigentlich zu schade für die Lifestyle-Kundschaft mit den Designer Wohnzimmern nebst stylistischem Mops auf dem Sofa. Nein, dieser Lautsprecher ist für Musikliebhaber und er ermüdet einen auch nach stundenlangem Hören nicht (was von diversen sogenannten Design-Lautsprechern nicht gesagt werden kann).
Auch der „Hausaltar“ an HiFi-Komponenten verringert sich. Im Prinzip nur ein Server wie der Majik, der sich seine Signale aus dem Netz streamt oder von einem NAS-Speicher zieht, sowie das erwähnte Ethernet-Kabel zu den 530er-Lautsprecher. Das reicht eigentlich. Ergänzt ggfs. um ein CD-Laufwerk (dies kann gerne auch ein vorhandener älterer CD-Spieler mit Digitalausgang sein) und für die Vinylwiedergabe ein Plattenspieler nebst Entzerrer-/Vorverstärker. Internet-Radio ist im Majik eingebaut, Streaming-Dienste wie Spotify, TIDAL, YouTube oder Netflix bieten den Zugriff auf Millionen von Titeln.
Genug der Worte: „The proof is in the pudding“ heißt es auf den britischen Inseln. Also unbedingt selbst die 5-Serie von Linn anhören, um sich ein eigenes Urteil zu bilden. Oliver Wittmann und Markus Nolden vereinbaren gerne einen Hörtermin mit Ihnen. Es lohnt sich…
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